Kindergarten Chatka Puchatka, Polen
Ev. Kita „Zu den zwölf Aposteln" - 2018
Geschrieben von Izabela
Mein Name ist Izabela Fojt. Ich komme aus Wolów, einer Stadt in der Nähe von Breslau. Dort arbeite ich als Erzieherin in dem städtischen Kindergarten „Chatka Puchatka“. 2016 waren Katja Krause und Christiane Schmidt bei uns zum Austausch – im August 2018 konnten wir nun endlich einen Gegenbesuch realisieren. Leider konnte meine Kollegin nicht wie geplant mitkommen, weshalb ich alleine nach Hamburg gereist bin.
Anfangs war ich voller Sorge, was mich in einer so großen Stadt erwarten würde. Eine großartige Überraschung gab es aber schon am Flughafen: Dort warteten Christina, Katja und die polnische Erzieherin Maria, aus der Ev. Kita Seestraße, mit einem Blumenstrauß und einer polnischen Flagge, auf mich. Sie nahmen mich sehr herzlich in Empfang.
Über das erste Wochenende wohnte ich bei Maria. Ihre Gastfreundschaft hat alle meine Erwartungen übertroffen. Wir hatten lange Gespräche über die Arbeit des Erziehers ‒ es war gut, sich in meiner Landessprache austauschen zu können. Maria hat mir einen großen Teil dieser schönen Stadt gezeigt und ihre Gastfreundschaft hat mich wirklich bezaubert: Herzlichen Dank noch einmal, Maria!
Am Sonntag bin ich dann zu meiner eigentlichen Unterkunft bei einer sehr netten Dame aus der Kirchengemeinde „12 Apostel“ in Hamburg Lurup umgezogen.
Der Aufenthalt bei Frau Gerth und ihrem Lebensgefährten war sehr entspannt und schön. Wir haben viel zusammen unternommen, auch wenn die sprachliche Verständigung manchmal nicht so einfach war ‒ auch dafür vielen Dank.
Für zwei Wochen arbeitete ich dann in der Ev. Kita „Zu den zwölf Aposteln“ mit. Anfangs war ich in Katjas Gruppe, eine Krippengruppe. Außerdem habe ich in der heilpädagogischen Gruppe und im Elementarbereich (der Regenbogen- und Herzchengruppe) mitgearbeitet. Für mich war die Kita ein wunderbarer Ort, an dem ich zahlreiche neue Erfahrungen sammeln und viele interessante Menschen kennenlernen durfte.
Die Raumausstattung, das innovative Arbeitskonzept und ein völlig anderes Bildungssystem haben mich sehr beeindruckt. Meine Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf das, was für mich als Erzieherin das Wichtigste ist ‒ nämlich die Art, sich einem Kind zu nähern, ihm bei der Entwicklung zu helfen und wie man einen Bildungsraum für die Kleinen schaffen kann.
Und hier sind einige meiner Einblicke in die Arbeit im Hamburger Kindergarten:
Eigenständigkeit der Kinder
Kinder werden von Beginn ihrer Kita-Zeit an dazu ermuntert, selbstständig zu werden:
Sie decken eigenständig den Tisch, füllen sich ihr Essen selbst auf und bringen den Teewagen alleine in den Raum. Die Kinder lernen, sich selbständig an- und auszuziehen. Der Erzieher ist bereit, jedem Kind zu helfen; das Kind soll jedoch auch eine gewisse Eigeninitiative zeigen ‒ das ist ein sehr wichtiger Lernprozess für die Kinder.
Kinderinitiative
Die Erzieher haben eine andere Methode, ein Projekt zu beginnen: Die Kinder werden beobachtet und geben den Impuls dazu:
In der „Regenbogengruppe“ etwa gab es ein Projekt mit Schmetterlingen, das mich sehr fasziniert hat. Es hatte einen hohen pädagogischen Wert. In einem Glas wurden Schmetterlinge gezüchtet, die die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich zogen. In der Gruppe „Herzchen“ erlebte ich erstmals die Einführung eines „Kinder-Parlaments“, das es den Kindern ermöglichte, über verschiedene Regeln sowie Fragen im Zusammenhang mit dem Gruppen-Alltag abzustimmen.
Programm
Die Erzieher entscheiden weitgehend, wie sie die Zeit einteilen und Projekte umsetzen ‒ sowohl ihre eigenen als auch die, die von den Kindern initiiert wurden. Es gibt keinen Platz für starre Rahmen und Vorlagen; kein Erzieher zwingt die Kinder zu Dingen, die sie nicht wollen. Es steht immer das Wohl und die Entwicklung des Kindes im Vordergrund.
Es war interessant für mich, den „Morgenkreis“ in den einzelnen Gruppen kennenzulernen. Dies ist ein tägliches Ritual der Kinder, dass sie mit Spaß an Worten, Liedern und Gebeten begehen. Einmal pro Woche gibt es einen Gesamt-Morgenkreis für alle Gruppen. Auch die Feierlichkeiten an den Geburtstagen von Kindern und Erziehern fand ich sehr gelungen.
Die Morgenkreise wurden stets nach den Interessen und Potenzialen der Kinder ausgelegt. Wichtig war hierbei, dass die Kinder ihre sozial-emotionalen Fähigkeiten weiter entwickeln konnten.
Dokumentation
Der Tagesrückblick, der für die Eltern aufgeschrieben wird, scheint der polnischen Dokumentation ähnlich zu sein. Interessant und eine ganz andere Form der Dokumentation der Arbeit waren für mich aber unter anderem:
- Portfolios der Kinder von null bis sechs Jahren (mühsame, aber wertvolle Form der Dokumentation)
- Informationen für Eltern, die in der Regel am Eingang des Raumes platziert werden, über die aktuellen Ereignisse in Gruppe
- Kinderfotos sind auch eine Form der Dokumentation
Räumlichkeiten
Ich konnte mir die Einrichtung der Räume und speziell der Krippen-Gruppen anschauen. Dort gibt es Bänke, Hochebenen und Matratzen aus gutem Material. Alle Spielzeuge sind in der Regel aus Holz. Zudem gibt es viele pädagogische Spiele sowie Puzzle und viele mehr. Die Gruppenräume sind in Ruhe- und Spielbereiche unterteilt.
Spielplatz
Ein entscheidender Unterschied zu unserem Kindergarten ist, dass es ein schönes Außengelände gibt. Der Spielplatz hat einen riesigen Sandkasten, hohe Leitern und eine Kletterwand ‒ ein Paradies für Kinder.
Ich war positiv überrascht, dass die Kinder auch an verregneten Tagen nach draußen gehen. Dadurch werden andere Sinne angeregt und sie machen Erfahrungen mit der Natur: Regen, Schlamm, usw.
Kooperation
Erzieher arbeiten in der Gruppe rund acht bis zehn Stunden täglich (etwa 39 Stunden pro Woche). In der Regel arbeiten sie zu zweit und werden nicht durch eine zusätzliche Hilfskraft unterstützt. Nach sechs Stunden müssen sie eine halb- bis dreiviertelstündige Pause einlegen.
Probleme zwischen den Erziehern werden durch einen „Vermittler“ gelöst: Einer der Erzieher (oftmals die Kita-Leitung) versucht, die auftretenden Schwierigkeiten zu koordinieren und in Zusammenarbeit mit der gesamten Gruppe zu lösen.
Gruppen
Während meines Aufenthaltes besuchte ich fast alle Gruppen in diesem Kindergarten: Die Krippen-Gruppe, eine heilpädagogische Gruppe und Elementar-Gruppen mit Kindern von drei bis sechs Jahren.
Es war sehr wertvoll für mich, einige Zeit unter Kindern zu verbringen, die in einer mir unbekannten Sprache miteinander kommunizierten. Ich habe viel gelernt, trotz der Sprachbarriere. Auch die Kinder hat das überhaupt nicht gestört.
Sehr interessant fand ich das „Berliner Modell“, in dem es um die Eingewöhnung geht. Spannend fand ich, dass sogar die Krippenkindern schon ihre Rucksäcke selbst zum Frühstück tragen. Die Mahlzeiten allgemein waren sehr abwechslungsreich, was im polnischen Kindergarten eher ungewöhnlich ist.
Ein besonderes Erlebnis war für mich, dass wir gemeinsam mit den Kindern die Kirche besucht haben. Es gab ein gemeinsames Gebet, Gesang und die Geburtstage der Kinder wurden hervorgehoben. Die erschien mir ebenfalls als ein wichtiger Teil für die Entwicklung der Kinder
Pläne
Mein Aufenthalt im Kindergarten fiel auch mit dem Wechsel der Kita-Leitung zusammen. Die neue Leitung änderte einige Punkte im Konzept, die zuvor in Gesprächen mit den Erziehern ausgearbeitet worden waren. Unter anderem ging es dabei um die Einbeziehung behinderter Kinder in die Arbeit mit den anderen Kindern (Inklusion).
Hamburg ist eine Stadt mit vielen Nationalitäten. In der „Kita zu den 12 Aposteln“ werden viele Kinder aus unterschiedlichen Kulturen betreut. Es ist ein interkultureller Ort, an dem Kinder nicht nur Sprache lernen und soziale Fähigkeiten erwerben, sondern auch andere Nationen kennen lernen. Das macht es zu einem guten Ort.
Der Austausch war eine neue und sehr wertvolle Erfahrung für mich. Bis zu einem gewissen Grad habe ich die Sprachbarriere überwunden. Obwohl ich nicht fließend Englisch spreche und kein Wissen über die deutsche Sprache habe, konnte ich mit der Mehrheit der Menschen, die ich auf meinem Weg getroffen habe, gut kommunizieren.
Vielen Dank, dass ich am Kita-Austausch-Projekt teilnehmen konnte! Ich glaube, dass das Wissen, dass ich während meines Aufenthaltes in Hamburg gewonnen habe, zu der Erweiterung meines Horizontes beigetragen und nicht nur meine pädagogische Erfahrung bereichert hat.
Izabela