Kindergarten Chatka Puchatka, Polen - 2016
Geschrieben von Christiane und Katja
Nun sind wir schon fast eine Woche in Wolów und haben schon eine Menge erlebt! Wie schon erzählt, am Freitag waren wir bei Marzanna (die, die hier vor Ort alles organisiert hat und Deutsch spricht) zum Essen eingeladen. Wir verabredeten uns am Nachmittag, sie wollte uns von der Unterkunft abholen. Sie kam also mit ihrem Auto pünktlich um 17 Uhr und begrüßte uns per Handschlag. Wir waren sehr gespannt, was uns an dem Abend so alles erwarten würde.
Bei Marzanna zu Hause
Marzannas Haus ist riesig und schön. Ihre ältere Tochter war zu Hause zu Besuch (sie wohnt sonst in Breslau), ihr Mann und ihre Zwillingskinder. Dann kam noch eine Freundin, die ebenfalls Deutschlehrerin an einer Schule in Wolów ist mit ihrem Sohn hinzu und noch eine weitere Deutschlehrerin.
Nachdem wir uns alle begrüßt haben, sollten wir uns direkt hinsetzen und es sollte „Bigos“ geben. Alle bis auf Marzanna setzen sich und füllten sich Bigos auf. (Das ist das polnische Nationalgericht und ist gedünstetes Sauerkraut mit Fleisch und Pilzen).
Marzanna wünschte guten Appetit und holte dann weitere Teller voller Essen aus ihrer Küche. Es gab dazu dann noch Brot, Butter und kaltes Fleisch. Das polnische Bigos war lecker!
Später kam auch Marzanna dazu und wir unterhielten uns viel. Es ging um das Schulsystem hier in Polen sowie in Deutschland und auch die Kindergärten verglichen wir miteinander. Da die drei Frauen Deutschlehrerinnen sind interessierten sie sich sehr dafür mehr zu erfahren.
Zwischendurch kam immer mal wieder der Mann von Marzanna dazu – er schaute nebenbei das polnische Nationalspiel. Er brachte dann noch Kartoffelsalat und später gab es noch Kuchen, Mandarinen und Weintrauben. Wir überreichten unser Gastgeschenk und der darin enthaltende Lebkuchen wurde auf den kleinen und bereits sehr vollen Tisch gestellt.
Bei der Verabschiedung drückten wir uns alle und die drei Frauen sagten, dass wir uns bestimmt bald wieder sehen würden.
Ausflug nach Breslau
Am Samstag haben wir uns dann warm angezogen und auf den Weg zum Bahnhof in Richtung Breslau gemacht. Nach ca. 35 Minuten Fahrt kamen wir dort an. Vorher hatten wir uns einige Ziele in der Stadt rausgesucht, die wir anschauen wollten.
Wir liefen vorbei an fast 50 von ca. 400 kleinen Zwergen, die überall in der Stadt verteilt sind. Alle haben einen Namen und eine Beschreibung. Außerdem ging es mehrmals über die Oder und ihre Seitenarme, vorbei an Shoppingcentern, an Straßenbahnen und tausenden Ampeln, am wunderschönen Rathaus und seinem Rathausplatz und an vielen Kirchen.
Wir liefen auch noch auf die Oderinseln und gingen die St. Elisabethkirche für ca. 200 Stufen hinauf. Auch am Universitätskomplex kamen wir vorbei und na klar, standen auch hier wieder viele von den süßen kleinen Zwergen rum.
Ausflug nach Lubiaz
Nachdem wir am Sonntag gefrühstückt hatten, haben wir das Auto freigekratzt und sind in Richtung Lubiaz gefahren. Nach ca. 25 Minuten Fahrt und wieder drängelnden und überholenden polnischen Autos, sind wir dann am Klosterkomplex angekommen.
Es war zwar furchtbar kalt, aber dafür endlich mal blauer Himmel und Sonne. Das tat uns richtig gut! So sind wir also durchs ehemalige Kloster gelaufen, mit einer polnischen Gruppe, und haben uns alles angeschaut – riesig und wunderschön anzusehen.
Weiter ging es mit dem Auto ans andere Ende des kleinen Örtchens zu einer kleinen Kirche und ans Wasser zur Oder. Von dort aus hatten wir einen tollen Blick nochmal auf das Kloster und auf die Kirche, die auf einer Anhöhe steht.
Zurück ging es ins Apartment und am Nachmittag haben wir dann wieder Marzanna getroffen. Sie und eine ihrer Freundinnen haben uns Wolów gezeigt und die Geschichte dazu erklärt. Danach haben wir lecker Kuchen gegessen und Kaffee getrunken.
Eine neue Arbeitswoche
Am Montag ging dann eine neue Arbeitswoche los. Gleich am Morgen haben wir mit Izabela abgesprochen, dass wir gern Montag und Dienstag komplett bei ihr verbringen wollen würden und Mittwoch und Donnerstag bei der anderen Kollegin Dorota. Freitag begleiten wir dann Dorota bei den Englisch-Stunden.
Wir haben wieder viel Neues dazu gelernt und uns haben die vielen Eindrücke total erschlagen. Auch das viele Englischsprechen ist sehr anstrengend.
Aber es gibt so viel Interessantes zu sehen und mit Izabela zu besprechen. Nach wie vor ist es so, dass Izbaela und ihre Assistentin alles dafür geben, dass wir uns möglichst wohl fühlen. Zum Beispiel wird der Tisch für uns gedeckt, man bringt uns Essen und Trinken und wir selber haben gar keine Chance mal etwas zu helfen. Inzwischen gibt es da schon das ein oder andere was wir tun können, aber das ist doch sehr schwer, weil die Kollegen dann meist schneller sind.
Montag
Nachdem wir um 8 Uhr ankamen, ging es mit den Kindern in Zweierreihen in die Gruppe nebenan zur Toilette. Danach haben wir dann gefrühstückt. Nach dem Frühstück sind wir dann nach unten gegangen und uns erwartete ein Mann, der als Zwerg verkleidet war. Er macht einmal wöchentlich mit den Kindern Musik. Das ging ca. eine halbe Stunde und die Kinder hatten viel Spaß.
Zurück in unserem Gruppenraum wartete Dorota auf uns. Sie setze sich mit den Kindern in den Kreis und wollte Englisch mit ihnen machen. Sie fragte uns, ob wir das übernehmen wollen und so versuchte Katja dann ein paar englische Farben aus den Kindern heraus zu bekommen. Mit Übersetzung von Dorota klappte das dann.
Direkt danach sind wir dann in einer Reihe die Treppe hinunter und in die Küche gegangen. Izabela zeigte den Kindern gemeinsam mit der Küchenleitung die gesamte Küche, wo das Essen gekocht wird. Für uns war es spannend zu sehen, wie so eine polnische Kindergartenküche aussieht.
Im Anschluss sind wir zurück in unseren Gruppenraum und jedes Kind durfte etwas Obst schneiden. Zurzeit macht diese Gruppe gerade eine Art „Projekt“ zum Thema Haus bzw. Elektrogeräte. Heute sollten sie einen Mixer kennenlernen. Das Obst kam in den Mixer und jedes Kind durfte den „Obstcocktail“ probieren. Hinterher hatten die Kinder dann ca. 20 Minuten Freispiel. Montags ist Spielzeugtag und die Kinder spielten mit ihren mitgebrachten Sachen.
Danach gab es dann das zweite Frühstück gegen 11 Uhr. Nach dem Essen legten sich wieder alle Kinder auf den Teppich und es gab eine „Erholungszeit“. Nachdem sich alle erholt hatten, gab es erneut Freispiel und dann haben wir uns warm angezogen und sind nach draußen gegangen. Die Kinder haben drinnen immer Jogginghosen an und ziehen sich fast alle für draußen eine Jeans an. Es war ein sehr kalter und nebeliger Tag, so dass wir nur ganz kurz draußen waren.
Nachdem sich alle wieder ausgezogen hatten und auf dem Teppich versammelt waren, hatten wir die Chance ein Lied mit den Kindern zu singen. Wir haben „Aram sam sam“ gesungen. Die Kinder verstanden sogar, wenn wir das Lied schnell, langsam, laut oder leise gesungen haben und hatten Freude daran.
Dann kam wieder der Vater von dem einen Jungen und hat den Kindern eine Geschichte vorgelesen und mit ihnen ein Kreisspiel gespielt. Die Kinder lieben ihn! Zum Schluss gab es Mittagessen und wir sind erschöpft nach Hause gegangen. Es war wieder ein spannender Tag mit vielen Eindrücken.
Dienstag
Am Dienstag ging es dann nochmals in die Gruppe der Vierjährigen zu Izabela. Nach dem Toilettengang und dem Frühstück saßen wir eine halbe Stunde auf dem Teppich und das Projekt über das Haus bzw. die Elektrogeräte ging weiter. Wir haben einen Staubsauger kennengelernt. Alle Kinder durften einmal saugen und haben viel darüber erfahren.
Direkt im Anschluss kam dann die Tanzlehrerin. Sie hat Musik angemacht und mit den Kindern eine Art „Sportstunde“ veranstaltet. Erst gab es Übungen, um warm zu werden, dann gab es Lieder, wo die Kinder aufstehen und sich hinsetzen sollten und es gab Lieder mit Stopptanz. Außerdem war noch eine Art Paartanz dabei. Das hat ihnen viel Freude bereitet.
Danach hieß es wieder anziehen und wir sind nach draußen zum Spielen gegangen. Dieses Mal wurde in einer anderen Ecke des Außengeländes gespielt. Als sich alle wieder in zweier Reihen zusammengefunden hatten, sind wir so auch wieder reingegangen und es gab nach dem Ausziehen das zweite Frühstück gegen 11 Uhr.
Dann hatte Izabela Feierabend und ihre Kollegin, die bisher krank war, kam. Sie heißt Beata und spricht nur polnisch. So wurde es für uns danach sehr schwer überhaupt zu verstehen, um was es ging. Wir haben einen Kreis gemacht und Beata erklärte irgendetwas über das Haus und wir sangen ein Lied dazu. Danach ging es an den Tisch.
Jedes Kind besitzt ein Lehrbuch für das ganze Schuljahr, was eigentlich einmal am Tag benutzt werden soll. Sie erklärte einige Dinge darüber und die Objekte die abgebildet waren. Es gab jeweils vier Bilder auf der einen Seite und vier auf der anderen, die die Kinder miteinander verbinden sollte. Einige bekamen dies problemlos hin, andere taten sich etwas schwer. Für uns war es schwer den Kindern zu erklären, was sie machen sollen.
Hinterher war dann Freispiel. Dieses Mal ging das sogar fast eine ganze Stunde und wir konnten viel Kontakt zu den Kindern aufnehmen und ein paar polnische Wörter lernen oder den Kindern ein paar deutsche Wörter beibringen.
Nachdem wir aufgeräumt haben, saßen wieder alle am Tisch und haben eine Katze ausgemalt. Jeder bekam Stifte und wir meinen verstanden zu haben, dass nicht übergemalt werden soll. Beim Malen war es Beata sehr wichtig, dass alles angemalt wird und wenn dann doch mal etwas übergemalt wurde, war das auch nicht schlimm.
Danach haben wir ein Spiel auf dem Boden gespielt, was wir überhaupt gar nicht verstanden haben. Alle Kinder lagen in einer Reihe auf dem Boden und eines sollte dann über alle hinweg krabbeln und sich am Ende wieder hinlegen. Danach das nächste Kind und so weiter.
Leider konnten wir auch nicht fragen, warum es dieses Spiel gab, da weder Beata noch die anwesende Assistentin Englisch oder Deutsch sprachen.
Nach dem Spiel ging es zur Toilette, es gab Mittag und wir hatten Feierabend.
Alles in allem sitzen die Kinder viel, da sie viele Angebote von Projekten und Aktionen den Tag über haben. Sie machen das immer sehr gut mit und sind sehr interessiert. Trotz des vielen Sitzens sind sie immer aufmerksam und konzentriert. Völlig egal ob in einem der vielen Kreise am Tag auf dem Teppich, beim Singen, Tanzen, Freispiel oder am Tisch. Es gibt wenig Streit und es ist immer alles sehr still und friedlich.
Infos zum Kindergarten
Zwischendurch war zum Glück immer viel Zeit sich mit Izabela unterhalten zu können, da sowohl wir als auch sie viele Fragen haben. Hier nun ein paar Infos:
- Der Kindergarten „Chatka Puchatka“ bedeutet das Haus von Winnie Pooh. Es ist dementsprechend viel damit geschmückt.
- Geöffnet ist es von 6 Uhr morgens bis nachmittags um halb 5. Es werden jeweils 25 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren in 7 Gruppen altershomogen betreut.
- Im oberen Teil des Hauses gibt es ein Badezimmer mit 2 Toiletten für 2 Gruppen. Im unteren Teil des Hauses gibt es 2 Badezimmer mit jeweils 4 Toiletten für 5 Gruppen.
- Die Bringzeit geht bis um 9 Uhr morgens und die Kinder sollen bei Krankheiten abgemeldet werden. Manche Kinder bleiben 8 oder 10 Stunden an einem Tag. Je nachdem wie die Eltern arbeiten gehen.
- Die Kollegen arbeiten (bis auf die Gruppe der 3.jährigen) mit 2 Kolleginnen (die ein 5 jähriges Studium abgeschlossen haben müssen) und einer Assistentin, die keine Ausbildung oder Studium braucht, zusammen.
- Jede Kollegin hat 5 Arbeitsstunden pro Tag am Kind und 3 Stunden Vorbereitungszeit zu Hause. Wenn sie Feierabend hat, kommt die andere Kollegin und arbeitet dann am Nachmittag. Sie tauschen die Schichten jeweils wöchentlich oder nach Bedarf.
- Urlaub gibt es einen Monat im Sommer und eine Woche nach Silvester. Bei Krankheit bekommt man Geld von seinem Gehalt abgezogen.
- Die Kinder sollen eigentlich nur „trocken“ im Kindergarten anfangen. Das ist allerdings schwer umzusetzen, da die Eltern sich oft nicht daran halten.
- In Wolów gibt es auch eine Art Krippe, wo Kinder unter 3 Jahren betreut werden.
- Das Schul- und Bildungssystem ist gerade stark im Wandel und wenn wir das richtig verstanden haben, ist es so, dass ab 2017 die Kinder erst mit 7 Jahren zur Schule kommen.
- Außerdem kommen Logopäden und anderen Therapeuten ins Haus.
- Genau wie in Deutschland gibt es kaum Männer in diesem Job.
- Eingewöhnungen laufen hier komplett anders. Immer wenn eine Kollegin ihre Kinder bis zur Schule begleitet hat, bekommt sie eine neue Gruppe von 25 Kindern. Alle Kinder fangen am selben Tag an und bleiben gleich ohne Eltern den ganzen Tag. Am Anfang weinen die Kinder viel. Das ist eine sehr anstrengende Zeit, die ca. 3 Monate dauert.
- Es gibt ca. 2 Elternabende im Jahr und außerdem noch Zusammenkünfte mit Eltern und Kindern. Teamsitzungen finden ca. 4 bis 5 mal im Jahr statt.
- Die Eltern bezahlen umgerechnet ca. 1€ für die Mahlzeiten des Kindes im Kindergarten, der alles bereit stellt (1. Frühstück, 2. Frühstück und Mittagessen).
- Ansonsten gibt es noch eine Art Gruppenkasse. Geld für Spielsachen oder sonstigen Materialkauf gibt ist meistens nicht und das Haus freut sich dann über viele Spenden.
In diesem Sinne… wir freuen uns nun auf Mittwoch und Donnerstag, die wir mit Dorota verbringen werden.
Liebe Grüße aus dem zur Zeit sehr kalten und grauen Wolów!